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Enzephalitozoonose

Enzephalitozoonose, ist vor allem unter EC, aber auch unter Head Tilt oder Sternguckerkrankheit bekannt.

Die Enzephalitozoonose wird durch den einzelligen Parasiten Enzephalitozoon cuniculi  (EC) ausgelöst. Der Parasit verbreitet sich mittels Sporen über die Blutbahn aus und siedelt sich bevorzugt im zentralen Nervensystem, in den Nieren, aber auch in allen anderen inneren Organen an. Dort niestet sich der Erreger in gesunde Zellen ein und zerstört diese nach und nach.

Aufgrund dessen beobachtet man dann Symptome wie Koodinationsstörungen, Kopfschiefhaltungen, aber auch vermehrtes Trinken und Wasserlasen oder Durchfall – die Symptome sind immer abhängig davon, welche Bereiche des Körpers befallen sind und wie gravierend sich der Erreger in den Zellen etabliert hat.

Übertragung und Häufigkeit der Krankheit:

Der Erreger wird durch Sporen übertragen und von befallenen Kaninchen mit dem Urin und Kot ausgeschieden. Durch kontaminiertes Futter oder Einstreu stecken sich die gesunden Tiere sehr leicht an, sodass häufig alle Kaninchen einer Gruppe betroffen sind. Ebenso kann der Erreger auf ungeborene Jungtiere im Mutterleib übertragen werden.

Man geht davon aus, dass sehr viele Kaninchen den EC-Erreger in sich tragen (die Zahlenangaben schwanken zwischen 40 und 90%)

Die Infektion kann über längere Zeit latent verlaufen, d.h. schlummernd im Körper verweilen, aber nicht akut ausbrechen . Ist das Immunsystem durch Stressfaktoren (z. B. Ortsveränderungen, Tod eines Partnertiers, andere Erkrankungen) angegriffen, kann es zu einer sprunghaften  Vermehrung der Erreger kommen und die akute Erkrankung ausbrechen. Oftmals erkrankt nur ein einzelnes Tier innerhalb einer Gruppe offensichtlich, während die Partnertiere ohne Symptome bleiben und den Ereger weiterhin (nur) latent tragen.

Ansteckungsgefahr für Menschen und andere Tiere:

Da es sich bei E.C. um eine Zoonose handelt, kann der Erreger grundsätzlich auch andere im Haushalt lebende Tiere und den Menschen befallen. Es gibt drei Erregerstämme, von denen Stamm I der häufigste bei Kaninchen ist. Es wird davon ausgegangen, dass Hunde gegen diesen Stamm resistent sind, allerdings gibt es Berichte über die Ansteckung von Menschen mit einer Immunsuppression (AIDS Patienten oder Menschen die eine Chemotherapie durchmachen), daher ist besondere Vorsicht im Umgang mit infizierten Kaninchen geboten und eine gute Hygiene ist anzuraten.

Krankheitsanzeichen:

Anzeichen einer akuten Erkrankung sind vielfältig. EC gehört deshalb auch zu den am meisten übersehenen Krankheiten der Kaninchenhaltung.

Es gibt kein klassiches knlinisches Bild, das bei jedem EC-Kaninchen auftritt. Vielmehr sind die Symptome vielfältig und betreffen völlig unterschiedliche Organe des Kaninchens, die sich naturgemäß gänzlich unterschiedlich äußern.
Ca. die Hälfte aller akut infizierten Kaninchen, zeigen gar keine klinische Auffälligkeiten. Hier ist das Immunsystem in der Lage die Erregervermehrung gering zu halten und somit ernste Schäden zu verhindern.

Typische Anzeichen, die man sehr häufig antrifft:

Störungen des Nervensystems

Kopfschiefhaltung, ruckartige/pendelnde Augenbewegungen, Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen, Im-Kreis-Laufen, Umfallen, Rollen um die Körperlängsachse, Krämpfe, Lähmungen der Hinterbeine

Beeinträchtigung/ Schädigung der Nieren

Apathie, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Entwicklungsstörungen, vermehrtes Trinken und Urinieren

Veränderungen der Augen

 

Schmerzhafte Vergrößerung des Augapfels, vermehrter Tränenfluss, Lidkrampf, vermehrt sichtbare Blutgefäße im Auge (Rötung), weißliche Flocken im Bereich der Pupille, Linsentrübung bis zur Erblindung

Weitere Symptome

Durchfall/Blähungen/Bauchkrämpfe ohne erklärbare Ursache und trotz richtiger Fütterung;
Plötzlicher Kreislaufzusammenbruch, Liegenbleiben auf der Seite oder lange ausgestreckt, Teilnahmslosigkeit

 

Chronischer Krankheitsverlauf

Je schneller behandelt wird, desto höher ist in jedem Fall die Chance darauf, dass sämtliche Symptome wieder verschwinden. Erkrankte Kaninchen bleiben jedoch nach der Behandlung chronisch infiziert. Dies birgt natürlich die Gefahr von Rückfällen in Situationen, die das Immunsystem besonders beanspruchen. Stress sollte bei allen Kaninchen, vor allem aber bei bereits an EC erkrankten Tieren bestmöglich verhindert werden. Gelegentlich bleiben auch Folgeschäden wie eine leichte Kopfschiefhaltung oder Bewegungsstörungen zurück.
 

Diagnose

Die Diagnose erfolgt (neben der Untersuchung des Kaninchens in der Tierarztpraxis) üblicherweise durch Laboruntersuchung einer Blutprobe. Dabei ist zu beachten, dass mittels eines Tuschetests lediglich die Existenz von Antikörpern nachgewiesen werden kann. Beim so genannten Immunfluoreszenz-Antikörpertest ist hingegen der Antikörpergehalt im Blut über einen Titer genau bestimmbar. Da extrem viele Kaninchen Antikörper besitzen, ist der aussagekräftigere Titer definitiv vorzuziehen.

Leider ist auch der Titer keine ausnahmslos zutreffende Aussage über das „ja/nein“ und das Ausmaß der Erkrankung, da es einige Faktoren gibt, die den Titer beeinflussen. Wird ein Kaninchen bereits im Mutterleib angesteckt, ist der Titer in den ersten Lebenswochen niedrig, auch wenn das Tier bereits akut erkrankt ist.  Eine hundertprozentige Sicherheit ergibt aber auch heute noch nur eine Obduktion.

Da viele der genannten Symptome auch in Folge anderer Erkrankungen (Pasteurellose, Trauma, Ohrenentzündungen, Ohrmilben etc.) auftreten können, sind diese entsprechend durch den Tierarzt auszuschließen.

Behandlung:

EC ist nicht heilbar, man kann das Voranschreiten der Erreger aber in der Regel gut eindämmen und vorhandene Symptome behandeln.
Wichtig ist, dass zwischen Verdacht und adäquater Behandlung so wenig wie möglich Zeit verstreicht und man so schnell wie möglich (be)handelt!
Je mehr Zeit die Erreger haben sich zu vermehren und zu verbreiten, desto immenser und langfristiger sind die entstehenden Schäden.

Als Behandlung hat sich folgende Kombination bewährt:

Antiparasitikum
Fenbendazol (z. B. Panacur)

Abtöten des Erregers;
eigentlich ein Wurmmittel, das sich als wichtiges Therapeutikum erwiesen hat.

Wichtig ist die Verabreichung über 21 - 28 Tage

Antibiotikum

Bekämpfung der Entzündungserscheinungen in Gehirn und Nervensystem/Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der Infektion.

Vitamin-B-Komplex

Regeneration der Nerven.

 

Gibt es darüber hinaus Bereiche, die ebenfalls betroffen sind (z.B. Augen oder Nieren) können angepasste, weitere Behandlungsmethoden notwendig sein. Häufig kommt es so auch zum Einsatz von Infusionen und Augentropfen/-salben.

Frisst das Kaninchen nicht mehr selbstständig, kann sich nicht selbst sauber halten oder Flüssigkeit aufnehmen, muss man natürlich auch in diesen Bereichen aktiv werden und unterstützend zur Seite stehen.

Lange war es üblich, dass man als Behandlung auch Cortison verabreicht. Da dieses stark immunsuppressiv wirkt und sekundäre Erkrankungen (z.B. Lungenentzündungen) begünstigt, sieht man im Regelfall mittlerweile davon ab. Leidglich in Notfällen, greift man manchmal „als letzte Option“ zu Cortison, in der Hoffnung, dass die Vorteile die Nachteile doch überwiegen.

Unterstützende Behandlungsmethoden:

Es gibt einige Ansätze aus der Homöopathie und Heilpflanzen, die bei EC unterstützend wirken können.
Zu Rate ziehen kann man kaninchenerfahrene Tierheilpraktiker, die Firma Heel und alternativmedizinisch erfahrene Tierärzte.

Krankheitsverlauf:

Trotz sofortigem Behandlungsbeginn verschlechtert sich der klinische Verlauf von EC-Kaninchen häufig in den ersten Tagen nochmals. Ebenso gibt es während der Behandlungsphase oftmals Höhen und Tiefen oder einen kontinuierlich schlechten Zustand.
Hier möchten wir unbedingt betonen:

Viel zu häufig wird viel zu früh aufgegeben!!

EC ist eine belastende Krankheit für Halter und Tier, dennoch lohnt sich das Durchhalten, solange die Kaninchen noch Lebenswillen zeigen. Häufig stellen sich erst nach Wochen erste oder deutliche Verbesserungen ein, dies bedeutet aber keinesfalls, dass die Symptome nicht doch zeitnah gänzlich verschwinden und das Kaninchen wieder völlig gesund wird.
Selbst Tiere mit schiefem Kopf und Rotieren haben durchaus eine Heilungsaussicht! 

Versorgung und Vorgehen:

Eine Trennung vom Partnertier ist nur nötig, wenn dieses das kranke Tier jagt, beißt oder bedrängt. Bitte achten Sie auch darauf, dass der E.c.-Patient ausreichend Nahrung abbekommt. Ansonsten dient es der nötigen Stressvermeidung, die Kaninchen zusammen zu lassen, denn der Partner bietet Vertrautheit und Sicherheit, die wichtig für die Genesung sind.

Sie müssen davon ausgehen, dass das Partnertier den Erreger bereits in sich trägt, aber das ist noch kein Grund zur Panik, da es nicht zwangsläufig auch erkranken muss! Ob eine Mitbehandlung der Artgenossen mit Fenbendazol angezeigt ist, ist kontrovers diskutiert, wir raten in der Regel zur Mitbehandlung für 10 Tage.

Die weitere Behandlung des Patienten richtet sich nach seinem Zustand. Aber auf jeden Fall gilt: Ein ruhiger Raum ist gut, nicht zu grelles Licht, keine zu lauten Geräusche.

Ein rotierendes Tier braucht Begrenzungen, ggf. eine weich gepolsterte Box, zu allen Seiten weich ausgepolstert, aber mit rutschfestem Boden, damit es sich nicht verletzen kann und sich nicht in seiner Orientierungslosigkeit verliert. Das Hochheben eines solchen Tieres sollte vorsichtig und mit der beständigen Vermittlung von Sicherheit geschehen. Der Kontakt der Läufe zu einem festen Untergrund ist stets wichtig für den kleinen Patienten.

Futter und Wasser sollten immer erreichbar sein, da die Tiere meist ein ungestörtes Allgemeinbefinden aufweisen. Aber auch, wenn ein Zufüttern nötig sein sollte, braucht der kleine Patient die Möglichkeit, zum normalen Fressen und Trinken zurück zu kommen!

Hat das Tier eine Kopfschiefhaltung, sollte der Kopf keineswegs gewaltsam gerade gerückt werden! Passen Sie sich beim Zufüttern bitte an. Ein vorsichtiges Massieren der Nackenmuskulatur kann durchgeführt werden, die Tiere empfinden das oft als Wohltat. Achten Sie bitte auf die Körpersprache des Kaninchens, ob es ihm tatsächlich guttut.

Wenn ein Tier unter Lähmungen leidet, verkümmert recht schnell die Muskulatur. Dem sollte entgegengewirkt werden. Fragen Sie Ihren Tierarzt nach physiotherapeutischen Übungen. Es hängt auch immer vom Patienten ab, ob er es dulden kann, nicht jedes Kaninchen schätzt ja den nahen Kontakt zum Menschen. Verursachen die Übungen mehr Stress, als sie Nutzen mit sich ziehen, sollte man eher darauf verzichten.
Versuchen Sie ruhig auch die vorsichtige Stimulation per leichter Streichelmassage oder vorsichtiges Bürsten nicht nur des betroffenen Laufes/der betroffenen Läufe, sondern regen Sie den ganzen Körper an. Betreffen die Lähmungen einen großen Teil des Körpers (bitte lassen Sie dringend überprüfen, ob der Schluckreiz des Patienten noch vorhanden ist und das Absetzen von Kot und Urin möglich ist!), und das Tier kann seine Lage selber nicht mehr verändern, dann müssen Sie das stellvertretend machen. Auch hier kann der Einsatz eines gepolsterten Korbes hilfreich sein. Am gesündesten ist die natürliche, aufrechte Haltung . Aber auch eine bequemere Seitenlage darf kurzfristig eingenommen werden, wechselseitig links und rechts, aber nicht zu lange (z. B. über Nacht) ohne Lagewechsel, da sich sonst Wasser in der Lunge sammeln kann. Bitte achten Sie darauf, dass der kleine Patient nicht zu lange in seinen Ausscheidungen liegt und das Fell durchfeuchtet wird. Das ist nicht nur unangenehm für das Kaninchen, es kann auch zu Erkältungen und Wundliegen führen.

Als Untergrund haben sich „Vet Beds“ bewährt, da sie Flüssigkeit nach unten ableiten und an der Oberfläche relativ lange trocken bleiben.

Ist ein Rückfall ein Todesurteil?

Nein. Einige Kaninchen erleiden mehrere „EC-Schübe“ im Laufe ihres Lebens. Durch wenig Stress, artgerechte Ernährung und Haltung sollte man diese nach Kräften vermeiden, dennoch sind mehrere Schübe kein definitives Todesurteil.

Das Kaninchen nicht in Watte zu packen, aber dennoch genau auf mögliche Anzeichen einer erneuten Krankheit zu achten ist wichtig.

Was ist, wenn Behinderungen zurückbleiben?

Eine leichte Kopfschiefhaltung wird das Kaninchen nicht groß beeinträchtigen und es wird lernen, damit umzugehen. Auch neurologische Auffälligkeiten können zurückbleiben, z. B. in Form von Unsicherheiten beim Hoppeln bis hin zum Verlieren des Gleichgewichts beim Putzen oder „Männchen machen“. Hier arrangieren sich die Tiere oft sehr schnell und die Lebensqualität muss nicht unbedingt eingeschränkt sein.
Einige Tiere erblinden durch die Erkrankung und lernen auch damit umzugehen.

Allerdings sollte man im Bedarfsfall auf die neuen Gegebenheiten eingehen und z.B. die Gehegeeinrichtung für ein nun gehandicaptes Tier anpassen.

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