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Freilandhaltung

Immer wieder begegnet man dem Thema „Freilandhaltung“. Eine Art der Außenhaltung, bei der die Kaninchen ohne schützendes Gehege in einem Garten leben. Teilweise nur tagsüber, manchmal aber auch gänzlich.

Wiesenfressendes Kaninche


Sicher ist es für Kaninchen toll, immer im Garten herumzuspringen, viel Platz zu haben & sich nicht nur auf den eingeschränkten Quadradtmetern eines Geheges zu bewegen. Was sich so idyllisch anhört, hat tatsächlich aber viele Schattenseiten und Aspekte, die ganz und gar nicht idyllisch sind.

Raubtiere

Ein Kaninchen „in freier Natur“ – also z.B.  in einem ungeschützten Bereich eines Gartens, ohne Aufsicht eines Menschen, sind Teil der Natur. Somit auch Teil der ganz normalen Nahrungskette. Raubtiere sind präsent. Natürlich bemerkt man sie nur selten – ein Räuber, der sich offensichtlich präsentiert hat eben weniger Erfolg, aber dennoch sind sie da.

Fuchs im WohngebietFuchs und Marder gehören auch in Innenstädten zur normalen Population, einige verlieren ihre Scheu in solchem Maße, dass man sie sogar tagsüber beobachten kann. Auch Greifvögel wie Milane und Eulen erobern sich immer mehr Lebensraum zurück, der einst der Mensch für sich alleine beansprucht hat.

Das Argument „bei uns gibt es keine Raubtiere, habe ich hier noch nie gesehen“ ist ein Glücksspiel, ebenso der Mythos, dass Raubtiere grundsätzlich nur nachts jagen.
Als normaler Kaninchenhalter erscheinen Übergriffe von Raubtieren auf Hauskaninchen vermutlich als große Ausnahme, insbesondere so lange es bei einem selbst gut gegangen ist.
Durch unsere Arbeit erhalten wir aber regelmäßig und leider auch häufig Berichte von „Wildschlag“. Ungesicherte oder unzureichend gesichtete Gehege sind gleichermaßen wie freilaufende Kaninchen im Garten betroffen.
Oft geht es tatsächlich lange gut – bis die Futterquelle eben entdeckt wird. Danach hat man keine Ruhe oder auf einen Schlag keine Kaninchen mehr.
Auch Raubtiere tauchen durchaus „plötzlich“ auf, obwohl sie Jahre lang vorher nicht anwesend waren (die Milanpopulation erholt sich beispielsweise, so erobern sie wieder Lebensräume, in denen man lange keine dieser großen Raubvögel mehr beobachten konnte)

Übrigens schützen auch Hunde oder andere Haustiere, die zusätzlich im Garten leben nicht. Sie halten die Räuber nicht ab.

Wildkaninchen und domestizierte Kaninchen

Kaninchen sind klassische Beutetiere für sehr viele dieser Beutegreifer. Nicht umsonst haben Wildkaninchen eine Vielfalt an Taktiken entwickelt um ihren Feinden nicht gänzlich unterlegen zu sein. TarnungSie haben eine Tarnfarbe mit deren Hilfe sie mit der Umwelt verschmelzen, sie haben große Ohren und Augen, legen lange und verzweigte Tunnelsysteme als Zuflucht an & reproduzieren sich sehr stark, um die hohe Verlustrate auszugleichen.
Wildkaninchen sind immer auf der Hut und sich der Gefahren um sie herum ständig bewusst.

Wir sind der Meinung, dass man durch das Domestizieren – also im Laufe der Entwicklung zu unserer Hauskaninchen - der Tiere die wichtigsten Verteidigungsmechanismen geraubt hat. Farbe, Ohren, Bewegungsapparat, Gewicht, Fortpflanzung, Lebensweise & nicht zuletzt der Instinkt ist einfach nicht mehr zu vergleichen mit einem Wildkaninchen. Unsere Hauskaninchen haben keine Tunnel, die sie hunderte Meter durch den Garten der Nachbarschaft verzweigen dürfen, um realistische Fluchtchancen zu haben, Wildkaninchen wiegt keine „schwerfälligen“ 5kg, haben keine Schlappohren, sind mit jedem Handicap einfach leichtes Futter und keine umsorgten Schützlinge mehr, Wildkaninchen reproduziert sich als klassisches Beutetier in einer solchen Maße, dass der normale Schwund kein Problem ist. Für die meisten Heimtierhalter wäre es dahingegen undenkbar, dass ein geliebtes Individuum in der Nahrungskette ganz normal gefressen wird und eigentlich nie älter als 2 Jahre wird.

Man schafft den Räubern einfach unheimlich viele Vorteile und liefert Hauskaninchen, die auf freiem Flur sitzen auf dem Präsentierteller. Daher ist „Freilandhaltung“ in unseren Augen oftmals sehr unfair gegenüber unseren Haustieren. Überspitzt gesagt:  Man kann keinen weißen Widder in einen Reihenhausgarten setzen und sagen „das ist natürlich“. Von natürlich sind unsere Schützlinge, die seit etlichen Generationen in menschlicher Obhut leben sowohl optisch, als auch in ihren Verhaltensweisen sehr weit entfernt.

Anforderungen an einen "natürlichen" Garten

Die Seite der Voraussetzungen an den Garten, der für Freilandhaltung geeignet sein soll, bilden nochmals eine eigene Hürde.
Als vernünftige Grundlage sollte man mind. 2000qm Grund bieten können und selbstredend eine Gruppe halten, da immer mind. ein Kaninchen Wache hält und der Rest in dieser Zeit fressen oder sich erholen kann. Bei weniger als sechs Kaninchen artet diese Struktur in Dauerstress oder Unaufmerksamkeit aus.
Der Lebensraum von Kaninchen bietet viele Verstecke, Büsche, Bäume, Erhebungen. Der klassische Gartenbesitzer sieht vor dem inneren Auge aber eher grünen Rasen auf dem die Kaninchen genüsslich umherspringen, als 2m Hohe Wildkräuterwiesen mit verwucherten Hecken. Ein Garten indem ein Räuber möglichst nichts erkennen kann– der Mensch folglich erst recht nicht.

MilanAls Freilandhalter in letzter Konsequenz sollte man den Kaninchen also das bereitstellen, was sie brauchen, um einen Hauch einer Chance im Kampf gegen Raubtiere zu haben. Verabschiedet sich vom Haustier und lässt der Natur ihren Lauf.
Die häufig praktizierte Haltung von „tagsüber frei, aber nachts im Gehege“ gründet auf der Hoffnung, dass sich Raubtiere wie Fuchs und Marder daran halten, dass sie MEISTENS nachts jagen. Tagräuber wie Greifvögel lässt man hier schon gänzlich aus.
Ebenso stellt es für Kaninchen paradoxerweise kaum einen Zugewinn dar, da die aktivste Zeit der Kaninchen die Dämmerung ist & sie dann, wie in sicherer Haltung auch, im Gehege weilen.

Für viele zählt das Argumente „lieber kurz und schön, als lang und im Käfig“ aber im Sinne eines langen UND schönen Kaninchenlebens, könnte der Kompromiss in der Mitte – so viel Auslauf wie irgendwie möglich, aber unter Aufsicht, den Kaninchen und ihrer Sicherheit dienen. Ein großes, abwechslungsreich gestaltetes Gehege gehört zu diesem Kompromiss selbstverständlich ebenso dazu.

Fazit:
Auf Grund unserer Verantwortung domestizierter Haustiere, die einfach nicht mehr natürlich leben können (sei es durch den heraus gezüchteten Charakter, die auffälligere Optik, die Nahrungsknappheit für Räuber durch uns oder die vermenschlichte „Natur“) leben unsere Tiere nicht in Freilandhaltung, ebenso vermitteln wir unsere Pflegetiere nicht in eine unbeaufsichtigte und ungesicherte Freilaufhaltung.
Haben Sie Fragen, Anregungen, Kritik oder möchten sich zu diesem Thema austauschen?