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Aggression bei Kaninchen

Aggression als „Verhaltensproblem“ ist eine Thematik, die uns sehr häufig begegnet.
Grundsätzlich zeigt aggressives Verhalten immer, dass etwas nicht stimmt. Als eine Reaktion auf Umwelteinflüsse, als Reaktion aufgrund von Schmerzen oder als bloßer Abwehmechnaismus.

Aggression tritt in vielen verschiedenen Kontexten und aus diversen Gründen auf.
Immer wenn ein Kaninchen aggressiv ist, sollte gehandelt werden. Man muss die Ursache für aggressives Verhalten finden, erkennen und bestmöglich beheben, damit das Kaninchen wieder ein schönes und ausgeglichenes Leben führen kann.

Übersprungshandlung

Gegenüber Artgenossen

Aggression unter Artgenossen ist Teil eines jeden Kaninchenalltags. Futterneid, der Streit um den besten Platz im Häuschen – kleine Zankereien, die kommen und gehen – ähnlich wie Diskussionen im menschlichen Alltag wichtiger sozialer Bestandteil im Leben sind. Bedenklich wird es jedoch, wenn dieses natürliche Verhalten in ein gesteigertes Aggressionspotential übergeht, in Dauerstress oder ernstzunehmende Dispute mit ernsten Verletzungen ausartet.

Kaninchen verhalten sich gegenüber kranken Artgenossen oft aggressiv, da sie das kranke Tier aus dem Revier vertreiben wollen. Diese Verhaltensweise findet seinen Ursprung bei den Wildkaninchen, für die kranke Tiere im Revier eine Gefahr darstellen – denn geschwächte Tiere locken Fressfeinde an und bringen somit die ganze Gruppe in Gefahr. Bei plötzlicher Aggression unter Artgenossen sollte also immer beachtet werden, dass ggf. einer der Streitparteien erkrankt ist – auch wenn man als Mensch (noch) nichts davon bemerkt.

Gegen den Menschen

Aggression gegen den Menschen kann verschiedene Ursachen haben. Mit einer Quote von 95 % kann diese Aggression behoben werden, wenn Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit den Ursachen und ggf. auch Änderung der Haltungsbedingungen etc. gegeben ist. Aus langjähriger Erfahrung können wir sagen, dass die wenigsten Halter sich damit näher beschäftigen und eine Abschiebung der Tiere in Tierheime die weitaus populärere Methode der „Problembewältigung“ ist.

Beim Hineingreifen in den Käfig

Gähnendes KaninchenDie Kaninchen sitzen in handelsüblichen Käfigen wie auf einem Präsentierteller – Gitterstäbe an allen vier Seiten, kein Schutz von oben, oft fehlt sogar das notwendige Häuschen für den Rückzug. Die Hand, die von oben in den Käfig greift, die so sehr dem Raubvogel ähnelt, der von oben herab auf das Kaninchen stürzt.  Angst und in Folge ein Angriff sind die Reaktion des Kaninchens.
Vor allem Weibchen reagieren auf Eindringlinge im Revier oft sehr ungehalten, auch wenn sie keine Angst haben. Die Hand wird mit Knurren, Grunzen, Brummen, Pfotenschlägen oder sogar Bissen empfangen. Das Kaninchen weiß, dass es im Käfig nicht entkommen kann, kein schützender Bau in der Nähe, kein Fluchtweg – der Angriff ist reiner Selbstschutz und oft pure Verzweiflung. Dies ist ein weiterer Faktor, der Anlass sein sollte sich gegen Käfighaltung zu entscheiden.

Aggression gegen Artgenossen, Menschen oder Gegenstände: Infolge von Unterbeschäftigung und Platzmangel

Kaninchen, die Stofftiere rammeln, den Futternapf durch die Gegend schmeißen, an den Gitterstäben rütteln, sich das Fell ausreißen... typische Stresssymptome von frustrierten Kaninchen.

Mümmelmann liegt faul herum, nicht mal die offene Käfigtüre lockt ihn in den Freilauf; kaum aus dem Käfig raus, verkriecht sich das Tier unter der Couch oder hinter dem nächsten Kasten, bis es wieder eingefangen wird und in den Käfig zurück muss.

Fressen, Schlafen, Fressen, Schlafen... ein mehr als trauriger Kaninchenalltag. Ein Partnertier bedeutet Motivation, gemeinsam macht alles einfach mehr Spaß, dafür braucht es natürlich auch Platz und die passende Einrichtung und Beschäftigung.

Im Vergleich zu stark aggressivem Verhalten sind die oben genannten Ausprägungen von Einsamkeit eher harmlos in den Augen vieler Kaninchenbesitzer – daher wird die Notwendigkeit einer Veränderung meist nicht registriert.

Kaninchen sind bewegungsfreudige Tiere und werden durch die weit verbreitete Käfig- und Einzelhaltung  stark eingeschränkt. Auch in diesem Fall kann die Abschaffung von Käfighaltung zur Problembehebung beitragen. Selbstverständlich sollte auch für Beschäftigung gesorgt werden. Kaninchen haben eine ausgeprägte Buddelleidenschaft, liegen gerne auf erhöhten Plätzen, nagen gerne, nutzen offene Flächen zum Flitzen und mögen Tunnel gerne. Die Möglichkeiten der Beschäftigung sind zahlreich!

Futterbezogene Aggression

Viele Kaninchenhalter reagieren darauf mit Ausweichmechanismen, wie z. B. Anbringen von Futterautomaten die von außen befüllt werden können, auch Futterweitwurf ist nicht unüblich. Das ist aber nicht der richtige Ansatz zur Problembewältigung, denn das Kaninchen wird in seinem Verhalten bestärkt und wird dieses auch ausweiten, dies äußert sich dann z. B. in der Verteidigung des leeren Napfes und anderen Gegenständen im Gehege.

Selten treten diese Probleme bei Kaninchenhaltern auf, die ihre Tiere auf ausreichend Platz, mit viel Beschäftigung und passendem Partnertier halten. Daher sollte man zuerst an das Anpassen der Haltungsbedingungen denken. Zusätzlich sollte der Futterplatz nicht immer der gleiche sein, damit die Assoziation Futterplatz – Futterverteidigung durchbrochen wird. Das Futter kann an verschiedenen Stellen angeboten werden, das Tier soll zur Futtersuche motiviert werden und soll sich das Futter „erarbeiten“ – aufgehängte Leckerbissen, Futterbälle, Futterbäume oder kreative Lösungen, bei denen sich die Kaninchen ihr Futter erarbeiten müssen.

Außerdem sollten Sie die Kaninchen auch von Hand füttern, mit Karottenstückchen, Löwenzahnblättern, Petersilie etc. So lernen die Tiere, die Hand als Futterlieferant zu akzeptieren.
Ebenso kann es hilfreich sein, die Futtermenge aufzustocken. Gibt es zu wenig Futter, reagieren viele Kaninchen nervös und potentiell aggressiv. Steht Futter immer zur freien Verfügung, haben sie keine Angst mehr um die geliebten Leckerbissen und entspannen sich zunehmend.

Aus Unsicherheit

Kaninchen fühlen sich auf rutschigem Boden (Fliesen, Parkett etc.) oft unsicher. Manche können gar nicht damit umgehen und legen eine wenig elegante Bauchlandung hin. Was für uns oft lustig ausschaut, kann Kaninchen in regelrechte Panik stürzen. Kaninchen halten sich auch nicht gerne auf weiten offenen Flächen auf – es müssen immer Rückzugs- und Versteckmöglichkeiten vorhanden sein. Keine Fluchtmöglichkeit zu haben, kann äußerst stressvoll für ein Kaninchen sein und sich ebenfalls in Aggression äußern.

Infolge hormoneller Probleme

Nicht selten kommt es vor, dass vor allem weibliche Kaninchen infolge hormoneller Probleme zu Aggression neigen. Ebenso ist leicht reizbares, aggressives Verhalten typisch für unkastrierte Rammler. Vor allem das Eindringen in ihr Revier, macht vielen zu schaffen. Häsinnen, die eine so genannte „Scheinträchtigkeit“ durchlaufen, haben ein höheres Aggressionspotential gegenüber Mensch und Artgenossen. Es gilt, den kommenden Nachwuchs zu schützen, das Nest zu bewachen - ob sie nun wirklich trächtig ist oder nicht, kann die Häsin nicht unterscheiden. So beginnt sie mit dem Nestbau, manche gehen sogar so weit, sich die Bauchwolle auszurupfen um das Nest auszupolstern, ein angespannter Bauch, geschwollene Milchdrüsen, Unruhe, Aggressivität, das sind die Verhaltensfacetten in dieser Zeit.  Eine Kastration tut beiden Geschlechtern, die hormonell bedingt aggressiv sind gut. Bei Rammlern ist sie sogar unabdingbar um in den Genuss der so notwendigen Gesellschaft kommen zu dürfen.

Aus Schmerz

Kaninchen leiden stumm, oft ist nur eine Verhaltensänderung Anzeichen für Schmerz. Manche Tiere ziehen sich zurück, andere werden übellaunig und aggressiv. Ein wackliger Zahn, ein eitriges Ohr, eine Verletzung etc. kann zur Last für das Tier werden. Bei Verhaltensänderungen ist daher der Tierarzt zu konsultieren, um körperliche Ursachen ausschließen zu können.

Als Übersprunghandlung

Gähnendes KaninchenKaninchen richten ihre Aggression nicht immer direkt gegen den Grund der Aggression. So kann sich ein Kaninchen z. B. darüber ärgern, dass Sie den Bettelversuchen standhalten und es nicht an die gewollte Leckerei kommt. Anstatt die Aggression über die Futterverweigerung dort auszulassen, wo sie entstanden ist, attackiert das Kaninchen das Partnertier, schmeißt den Futternapf durch die Gegend oder uriniert auf den teuren Teppich.

Mütterliche Aggression

Vor tragenden Häsinnen oder Kaninchenmüttern mit Nestbabys sollte man sich in Acht nehmen. Oft sind diese Tiere vermehrt aggressiv, was auf dem Instinkt beruht, den Nachwuchs zu schützen, das überlebenswichtige Futter zu sichern oder den besten Nistplatz zu ergattern. Hier hilft nur eins – Abstand halten und weiteren Stress für Mutter und Nachwuchs zu vermeiden.

Angezüchtete Aggression

Auch bei Kaninchen gibt es bei den einzelnen Rassen starke Charakterunterschiede, ähnlich wie bei Hunden und Katzen. In der Rassekaninchenzucht wurde zugunsten von Fellfarbe und Körperform in Kauf genommen, dass manche Rassen nervöser oder aggressiver sind.

Etablierte Verhaltesprobleme

Kaninchen aus sehr schlechter Haltung und Kaninchen, die sehr lange sehr schlechte Erfahrungen machen mussten, legen angelernte Verhaltensweisen oft nur langsam ab. Hier gilt es alle Rahmenbedingungen artgerecht zu gestalten und sich in Geduld zu üben. Je zufriedener die Kaninchen sind, desto eher werden sie ausgeglichen und ruhig. Je weniger man sie bedrängt und desto mehr >Vertrauen sie zu einem fassen können, desto eher legt sich die Aggression.

 

Die Kaninchenbilder zeigen gähnende Kaninchen und stehen nur sinnbildlich fürs "Zähne zeigen". Gähnen ist natürlich kein Ausdruck von Aggression. Typische körpersprchliche Signale für Aggression sind eher "nach vorne schnellen", knurren, kräftiges zwicken, beißen.

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